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„Da wäre ich von selber nicht mal auf die Idee gekommen …“

STREET DOC MENTAL: seit einem Vierteljahr in Bayreuth aktiv – jetzt auch in Mundenheim!

Ludwigshafen, 14. Juni 2021. – Jahrzehntlang ging das so: Ein Mensch hat schwerwiegende psychische Probleme, verliert seine Wohnung und kommt wahlweise in den Guten Hirten oder ins Einweisungsgebiet.

Von da an beginnt er zu mäandrieren: hin und her und her und hin. Manche waren 20, 30 Mal bei der Entgiftung, begann Therapie um Therapie … und landeten doch wieder in der Bayreuther Straße oder im Mundenheimer Obdach. Zwar gab es regelmäßig fachlichen Austausch zwischen dem Krankenhaus Zum Guten Hirten und der ÖFG, doch im Einzelfall genügte das nicht. Ein Projekt musste her – aber ein gutes!

Es ist Montagvormittag. Statt der fast zehn Jahre lang so beliebten Kochgruppe existiert seit einem Jahr nur noch die in jeder Hinsicht abgespeckte Version: der „Walk in“, eine Art Essensausgabe unter strengen hygienischen und anderweitigen Richtlinien – immerhin eine Möglichkeit, Kontakt zu halten. Und herzustellen! Denn seit der Karwoche sind Frau Dr. Anja Schlößer und Daniel Eisenhut zugegen, Fachkräfte vom Guten Hirten mit spezieller sozialpsychiatrischer Ausbildung. Praxis der kurzen Wege: Nur über langwierige Vertrauensbildung ist es möglich, das Angebot STREET DOC MENTAL vor Ort wirksam zu implementieren. Man bedenke: Nur wenige Menschen nehmen so mir nichts, dir nichts psychologische Beratung in Anspruch; den meisten ist es zunächst peinlich zuzugeben, dass in der Seele etwas schmerzt. Bei Arm und Bein geht das viel leichter … Und um wie viel schwerer ist dieser Weg unter den Lebensbedingungen der Notwohngebiete!

Nach und nach treffen immer mehr Leute im Gastgarten ein, nacheinander, versteht sich. Die meisten haben Anja Schlößer und Daniel Eisenhut schon einmal gesehen, viele ein kurzes Gespräch mit ihnen geführt, einige aber ein längeres; so unterschiedlich wie die Menschen nun einmal sind, so verschieden gestaltet sich auch die Inanspruchnahme des neuen Angebots. Während die einen lieber aus der Distanz beobachten, wer da wohl „von außerhalb zu Gast ist“, nutzen andere die Chance sofort. Tatsächlich kam es bereits zu mehreren Beratungsgesprächen, zu Aufnahmen im Guten Hirten, zu Planungen für einen weiteren Hilfeverlauf. Das ging viel schneller als gedacht! Oder wie es Herr D. ausdrückt: „Da wäre ich von selber nicht mal auf die Idee gekommen, zum Psychoklempner zu gehen!“

Ob die Jargon-geprägte Bezeichnung so ganz dem Berufsbild von Schlößer & Eisenhut entspricht, mag dahingestellt bleiben … Jedenfalls ist binnen kurzen zu konstatieren: Der Spezialeinsatz trägt Früchte! Wenn erst einmal der STREET DOC ganz regulär wieder nach Mundenheim und in die Bayreuther Straße kommt, werden sich weitere Möglichkeiten eröffnen: die Wege werden noch kürzer, Vertrauen, Bereitschaft und Behandlungseinsicht lassen sich schneller und profunder aufbauen. In Bälde dürfte es so weit sein.

Zur Erinnerung: „Come together … right now!” heißt das Kooperationsprojekt, an dem auch die Koordinierungsstelle für Psychiatrie der Stadtverwaltung Ludwigshafen beteiligt ist. Viermal tagte bereits das Fachgremium. Die BASF hat Gelder zugeschossen – vielen Dank! Den größeren Rahmen bildet ein weiteres Projekt, das die Neu-Entwicklung von Mundenheim-West als Quartier zum Ziel hat: ohne Stigmatisierung, ohne Diffamierung … dafür mit allen Chancen auf zeitgemäßes Wohnen und psychische Gesundheit. Bereits jetzt ist der STREET DOC MENTAL ein unverzichtbarer Baustein.

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